#WirSindDie Brandmauer

Als Mittelbau-Initiative haben den Aufruf des Freiburger Bündnisses #WirSindDieBrandmauer für die Großdemonstration gegen Rechtsextremismus am
3. Februar 2024 unterstützt und an der Demo teilgenommen. Eine weitere Aktion ist für den 2. Juni 2024 geplant.
Wer sich an der Planung im Hintergrund beteiligen möchte, findet hier weitere Infos.

Offener Brief der MiBI
an das Rektorat der Universität Freiburg
vom 21.03.24

Sehr geehrte Mitglieder des Rektorats,

am 21. Februar 2024 hat der Senat der Universität Freiburg eine ,Resolution gegen Rassismus und Antisemitismus‘ beschlossen. Wir als Mitglieder der Universität freuen uns sehr über die klare Benennung diskriminierender und benachteiligender Strukturen und das Bekenntnis zu den genannten Werten. Um der Universität das Ergreifen konkreter Maßnahmen zur Stärkung dieser Werte zu erleichtern, möchten wir als fächerübergreifende Mittelbau-Initiative einige Vorschläge machen:

Dem Prinzip nothing about us without us entsprechend ist die Grundlage von Vielfalt und einer an ihr orientierten Hochschulpolitik, miteinander statt übereinander zu reden. Voraussetzung dafür ist, dass der Einbezug Betroffener nicht nur ein Angebot an diese ist, sondern als Aufgabe von der Universität aktiv angegangen wird, indem sie nach Bedürfnissen fragt und Hürden abbaut, die eine Beteiligung trotz eines bestehenden Angebots erschweren oder verunmöglichen. 

Eine dieser Hürden ist aus unserer Sicht die Kommunikation innerhalb der Universität Freiburg. In Bezug auf den gegebenen Anlass wäre es eine große Unterstützung, wenn auf allen Ebenen von Vorgesetzten die gesellschaftlichen Entwicklungen, etwa die Vertreibungspläne, thematisiert würden. Für die von antidemokratischen Bestrebungen konkret Bedrohten könnte auf diese Weise eine solidarische Atmosphäre geschaffen werden.

Auch angesichts der Geschichte der Universität Freiburg während der Zeit des Nationalsozialismus wünschen wir uns, dass unsere Universität eine Vorreiterrolle in der Positionierung gegen die aktuelle politische Verschiebung nach rechts einnimmt. Für eine Universität, an deren Kollegiengebäude I mahnend der Schriftzug „Dem ewigen Deutschtum“ prangt, kann die Formulierung eines Statements ebenso wie das Festschreiben eines Leitbildes nur ein erster Schritt sein. Das darin Ausgedrückte muss auch im Bewusstsein der Universitätsmitglieder verankert sein und im alltäglichen Umgang miteinander wirken. Wie wichtig ein solcher ethischer Kompass ist, damit #NieWiederIstJetzt keine hohle Phrase bleibt, könnte eindrücklich bei der Vermittlung von Universitäts-, Instituts- und Fachgeschichte gezeigt werden, am besten bereits in den Einführungsveranstaltungen der ersten Semester. Zusätzlich könnte der Internetauftritt der Universität um eine Art Diskursarchiv erweitert werden, das die Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte dokumentiert. Mögliche Themen sind die Antisemitismusprüfung des Universitätsgründers Albrecht VI, dessen Namen unsere Universität nach wie vor trägt, oder die weitreichenden Diskussionen um Martin Heidegger, seinen Lehrstuhl und seine philosophische Arbeit, insbesondere die sog. Schwarzen Hefte.

Als weitere Hürde für die Beteiligung Betroffener nehmen wir den (sicher auch unbewussten) Alltagsrassismus in den einzelnen Organisationseinheiten der Universität Freiburg wahr. Um dem entgegenzuwirken, wäre eine Schulung des Bewusstseins dafür, wo Rassismus beginnt, als fester Bestandteil der zentralen Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeitende wertvoll – sie könnte sinnigerweise zusammen mit der Thematisierung unseres universitären Leitbildes geschehen, dem sich grundsätzlich alle Universitätsmitglieder, aber nicht zuletzt diejenigen mit Personalverantwortung verpflichtet fühlen sollten. Vor diesem Hintergrund wäre es sinnvoll, bereits in Berufungsverfahren nicht nur die Haltung der Kandidat*innen gegenüber Geschlechtergleichstellung, sondern auch bezüglich anderer Diversitätskategorien abzufragen. Im Idealfall sollten sich Führungskräfte außerdem obligatorisch zum Thema Awareness fortbilden, bspw. durch Coachings zu interkultureller Kompetenz.

Das Schlagwort ,Internationalisierung‘ ist nicht nur ein zentraler Bestandteil der Freiburger Exzellenzinitiative, sondern Internationalität wird auch in den von Universitäten und Forschungseinrichtungen verfassten Statements der letzten Wochen immer wieder als Grundpfeiler guter und zeitgemäßer Forschung genannt. Nicht selten wird dieser Grundpfeiler im täglichen Betrieb jedoch schlicht von der deutschen Bürokratie ins Wanken gebracht. Eine große Entlastung wäre es daher, würde die Universität Freiburg der unnötigen Verkomplizierung von Einstellungs- und Anmeldeverfahren für nichtdeutsche Staatsbürger*innen entgegenwirken. Mehr als hilfreich wäre zudem die Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle zur Erläuterung rechtlicher Rahmenbedingungen für nicht Deutschsprachige, von der Erklärung des WissZeitVG bis hin zu Vereidigungen. Auch die Wahrnehmung von Arbeitnehmer*innenrechten und Hilfsangeboten, die in einem internationalen Betrieb wie der Universität eine Selbstverständlichkeit sein sollte, stellt nichtdeutschsprachige Mitarbeiter*innen vor große Herausforderungen.

Betonen möchten wir an dieser Stelle, dass unsere Gegenwehr sich nicht rein gegen nationalistische, sondern gegen rassistische Tendenzen ebenso wie allgemein gegen Diskriminierung richten sollte. Hierzu zählt bspw. auch ein akademisch verwurzelter Klassismus, der nicht selten Hand in Hand mit Rassismus geht.

Eine Möglichkeit, das nothing about us without us zu institutionalisieren, wäre ein beratender ,Arbeitskreis Vielfalt‘, in welchem sich die Expert*innen der einzelnen universitären Anlaufstellen gegen Diskriminierung regelmäßig mit Betroffenen austauschen, um die bestehenden Angebote bedürfnisorientiert weiterzuentwickeln. Daneben könnte sich dieser Arbeitskreis mit einem Monitoring der Besetzung von Entscheidungsgremien befassen und allgemein auf eine Steigerung von Awareness in der Hochschulpolitik hinwirken. Um bezüglich dieser Thematik die Gesamtheit der Universitätsmitglieder anzusprechen, wäre eine (universitätsinterne) Kampagne gegen Diskriminierung denkbar. Neben der Aufklärung bspw. über Mikroaggressionen, problematische Begrifflichkeiten oder Möglichkeiten der Allyship könnte eine solche Kampagne Best-Practice-Beispiele bieten, etwa wie angemessen reagiert werden kann, wenn sich Kolleg*innen oder Vorgesetzte rassistisch äußern. 

Unsere Universität hat ein großes inhärentes Interesse daran, unter allen ihren Mitgliedern das Bewusstsein über ihre gesellschaftliche Verantwortung als Forschungs-, Lehr- und Lerngemeinschaft zu stärken. Dazu gehört auch eine gemeinsame Aushandlung des Inhalts dieser Verantwortung, da die Universität durch die an ihr arbeitenden und lernenden Individuen gesamtgesellschaftliche politische Strömungen widerspiegelt und daraus entstehende Widersprüche, solange alle Positionen innerhalb des demokratischen Spektrums liegen, auch aushalten muss. Teil unserer Verantwortung ist nicht zuletzt der Auftrag, wissenschaftliche Ergebnisse zugänglich in die Gesellschaft zu kommunizieren. So können wir zu einer fundiert-sachlichen Debatte beitragen und der Instrumentalisierung zu antidemokratischen Zwecken entgegentreten.

Mit freundlichen Grüßen,
die Mittelbau-Initiative Freiburg (MiBI)

Aktiv gegen Rechts!
Aber wie?!

Einige Tipps

  • Rechten Aussagen widersprechen – in der Kneipe,
    beim Familienfest, bei der Arbeit, im Verein:
    Jeder Widerspruch wirkt!

Schon mal ein Argumentationstraining besucht?
Check mal die Stammtischkämpfer*innen Freiburg aus!

  • Menschen, die diskriminiert/benachteiligt werden,
    zuhören und bei Bedarf Unterstützung anbieten!
  • Engagement in zivilgesellschaftlichen Gruppen, z.B. bei Freiburg gegen Rechts oder dem Freiburger Rasthaus
  • Geld spenden, z.B. an
    den BRG-Opferhilfefonds für Betroffene rechter Gewalt,
    Sea Watch für die Seenotrettung im Mittelmeer oder
    das Bündnis ,Aufstehen gegen Rassismus‘
  • Solidarische Netzwerke im Wohnumfeld schließen,
    mit Gleichgesinnten über Politik sprechen!
  • Briefe schreiben an Politiker*innen oder Medien, die versuchen, rechte Meinungen salonfähig zu machen!

(Quelle: Flyer des Bündnisses #WirSindDieBrandmauer vom 3.02.24)

//

As Mittelbau Initiative, we supported the call by the Freiburg alliance #WirSindDieBrandmauer (only in German) for the mass rally against right-wing extremism on February 3 2024 and took part in the demonstration. Another action is planned for June 2 2024.

Open Letter from the MiBI
to the Rectorate of the University of Freiburg
dated 03/21/24

Dear members of the Rectorate,

On February 21, 2024, the Senate of the University of Freiburg passed a ‘Statement against Racism and Anti-Semitismʼ. As members of the University, we are very happy about the clear naming of discriminatory and disadvantageous structures and the commitment to the aforementioned values. In order to make it easier for the university to take concrete measures to strengthen these values, we as interdisciplinary Mid-Level Faculty Initiative would like to make a few suggestions:

In accordance with the principle of nothing about us without us, the basis of diversity and a university policy geared towards it is to talk to each other instead of about each other. The condition for this is that the inclusion of those affected is not just an offer to them, but is actively tackled as a task by the university, asking about needs and removing barriers that make participation difficult or impossible despite an existing offer.

In our view, one of these barriers is the communication within the University of Freiburg. With regard to the given occasion, it would be a great support if social developments, such as the expulsion plans, were addressed by superiors at all levels. In this way, an atmosphere of solidarity could be created for those directly threatened by anti-democratic attempts.

In consideration of the history of the University of Freiburg during the National Socialist era, we wish that our university would take a pioneering role in positioning itself against the current political shift to the right. For a university that has the words “Dem ewigen Deutschtum” (“To Eternal Germanity”) warningly inscribed on one of its faculty buildings, the formulation of a statement and the establishment of a mission can only be a first step. What is expressed therein must also be anchored in the consciousness of the university members and have an effect in their day-to-day dealings with one another. The importance of such an ethical compass, so that #NieWiederIstJetzt (NeverAgainIsNow) does not remain a hollow phrase, could be impressively demonstrated in the teaching of university, institute and subject history, ideally already in the introductory courses of the first semesters. In addition, the universityʼs website could be enriched with a kind of discourse archive that documents the universityʼs engagement with its own history. Possible topics include the anti-Semitism investigation of the universityʼs founder Albrecht VI, whose name our university still bears, or the far-reaching discussions surrounding Martin Heidegger, his chair and his philosophical work, in particular the so-called Schwarze Hefte (Black Notebooks).

We perceive everyday racism (which is certainly also unconscious) in the various organizational units of the University of Freiburg as a further barrier to the participation of those affected. In order to counteract this, it would be worthwhile to train awareness of where racism begins as a fixed component of the central introductory event for new employees – this could reasonably be done together with the addressing of our university mission, to which all members of the university, but not least those with personnel responsibility, should feel committed. With this in mind, it would make sense to ask candidates not only about their attitude towards gender equality, but also about other diversity categories during the professorship appointment process. Ideally, executives should also undergo mandatory training on the topic of awareness, e.g. through coaching on intercultural competence.

The catchword ‘internationalizationʼ is not only a central component of the Freiburg Excellence Initiative, but internationality is also repeatedly mentioned as a cornerstone of good and contemporary research in the statements written by universities and research institutions in recent weeks. However, it is not uncommon for German bureaucracy to cause this cornerstone to falter in day-to-day operations. It would therefore be a significant relief if the University of Freiburg were to counteract the unnecessary complication of recruitment and registration procedures for non-German citizens. It would also be more than helpful to set up a central contact point to clarify legal frameworks for non-German speakers, from explaining the WissZeitVG to swearing oaths. The exercise of employee rights and offers of assistance, which should be a matter of course in an international company such as a university, also poses major challenges for non-German-speaking employees.

At this point, we would like to emphasize that our resistance should not only be directed against nationalist tendencies, but also against racist tendencies and discrimination in general. This includes, for example, academically rooted classism, which often goes hand in hand with racism.

One way to institutionalize the nothing about us without us would be an advisory ‘Diversity Working Groupʼ, in which experts from the individual university contact points against discrimination regularly exchange information with those affected in order to further develop the existing services in a needs-oriented manner. In addition, this working group could tackle a monitoring of appointments to decision-making bodies and generally work towards increasing awareness in university policy. A (university-internal) campaign against discrimination would be conceivable in order to address the entirety of university members with regard to this topic. In addition to providing information e.g. about microaggressions, problematic terminology or opportunities for allyship, such a campaign could offer examples of best practice, such as how to react appropriately when colleagues or superiors make racist comments.

Our university has a great inherent interest in strengthening the awareness of its social responsibility as a research, teaching and learning community among all its members. This also includes a joint negotiation of the content of this responsibility, as the university reflects political currents in society as a whole through the individuals working and learning at it and must also endure the resulting contradictions as long as all positions lie within the democratic spectrum. Part of our responsibility is not least the task of communicating scientific results to society in an accessible way. In this manner, we can contribute to a well-founded, objective debate and counter instrumentalization for anti-democratic purposes.

Yours sincerely,
the Mittelbau-Initiative Freiburg (MiBI)

Active against the right!
But how?

A few tips

  • Opposing right-wing statements – in the pub, at the family party, at work, in the association: Every contradiction works!

Have you ever attended argumentation training?
Check out the Stammtischkämpfer*innen Freiburg (only in German)!

(Source: flyer of the alliance #WirSindDieBrandmauer from 02/03/24)